Dritter Abend mit Angelika Schlüter: Hörstück und VideoNottuln. Anton ist „ein Kind der Schande“. Ausgeschlossen von der Gemeinschaft lebt er mit seiner schweigenden Mutter ein armseliges Dasein in einem alten Haus mit einem tiefen Dach am Waldrand. Er muss die Härten des Lebens als sein Schicksal annehmen. Bis zum tragischen Ende. Am Montag, den 11.3.2024 lädt die Friedensinitiative Nottuln (FI) zu ihrem dritten Abend mit Angelika Schlüter ein. Die Havixbecker Künstlerin bringt ihr Hörstück „Anton fällt in den Himmel“ mit. Die Aufführung beginnt um 20 Uhr im Ladenlokal Nottuln, Potthoff 24. Der Eintritt beträgt 10 Euro.
In ihrem Hörstück „Anton fällt in den Himmel“ erzählt Angelika Schlüter die tragische Geschichte ihres Urgroßvaters Anton (1873 – 1930). In klarer Sprache und eindringlichen Bildern beschreibt sie die Selbstverständlichkeit einer Zeit, in der das Gegebene das Gottgegebene war.
Alles ist heute noch da: das alte Haus, die Eiche und die Erinnerungen. Mit 95 Jahren berichtet der alte Ludwig (1923 – 2019) aus dem Haus gegenüber in dem kurzen Video „Ludwig hat‘s gesehen“, was er selbst noch weiß und was damals erzählt wurde.
Angelika Schlüter befasst sich als Künstlerin mit besonderen Biografien, die sie in Form von Dokumentarfilmen und Hörstücken umsetzt. Biografien, die einen tiefen Einblick in die Lebenswirklichkeit der jeweiligen Zeit geben, jeweils ein Plädoyer für Offenheit, Toleranz und gelebter Menschlichkeit. Nach dem Film besteht die Möglichkeit mit der Künstlerin ins Gespräch zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Hülsbusch
Foto: In ihrem Hörstück „Anton fällt in den Himmel“ erzählt Angelika Schlüter die tragische Geschichte ihres Urgroßvaters Anton (1873 – 1930).
Zweiter Abend mit Angelika Schlüter:
Nottuln. „Señora Pawlowsky“. Am Montag, den 19.2.2024 lädt die Friedensinitiative Nottuln (FI) zu ihrem zweiten Abend mit Angelika Schlüter ein. Die Havixbecker Künstlerin bringt ihren Film mit, der den Weg einer Frau zwischen den Ideologien und Kriegen des 20.Jahrhunderts zeigt. Der Film beginnt um 20 Uhr im Ladenlokal Nottuln, Potthoff 24. Der Eintritt beträgt 10 Euro.
Das Leben von Helga Pawlowsky ist geprägt durch Hunger, Krieg und die große Liebe. 90 Jahre währt es. Als Kind einer Kieler Bankiersfamilie wird sie 1926 in Barcelona geboren. Bald schon spaltet der Spanische Bürgerkrieg das Land; in Deutschland drängen die Faschisten an die Macht. Während ihre Mutter sich in Spanien um Exilanten kümmert (u. a. um den Maler Hans Tombrock, einen Freund Bertolt Brechts), wird der Vater überzeugter Nationalsozialist. Weil sie einen deutschen Pass hat, muss die Siebzehnjährige nach Deutschland in den Reichsarbeitsdienst. Der Russe Goga Pawlowsky, ihre große Liebe, hat keinen Pass. Später fährt sie mit ihm nach Oslo. Mehr wird nicht verraten. Nur so viel: Die starke Frau akzeptiert für sich persönlich keine nationale Identität und lässt am Ende nur eine Lebensmaxime gelten: „Ich bin ein Mensch und damit hat sich’s.“
Angelika Schlüter befasst sich als Künstlerin mit besonderen Biografien, die sie in Form von Dokumentarfilmen und Hörstücken umsetzt. Schlüter: „Jeder Mensch hat die Verantwortung für seine Zeit. Für mich ist es wichtig, Lebensgeschichten weiterzugeben, damit sie nicht verloren gehen für die kommenden Generationen. Meine dokumentarischen Porträts geben – neben den historischen Fakten – Einblick in die Lebenswirklichkeit der jeweiligen Zeit. Sie sind ein Plädoyer für Offenheit, Toleranz und gelebter Menschlichkeit; sie vermitteln Würde, Stärke und Courage und erzählen von Sehnsüchten und Träumen.“ Nach dem Film besteht die Möglichkeit mit der Künstlerin ins Gespräch zu kommen.
Foto: Señora Pawlowsky blickt auf ein langes bewegtes Leben zurück. Angelika Schlüter hat sie porträtiert und zeigt einen Film über diese interessante Frau.
„Die Würde der Anna“
eine szenische Lesung mit der Künstlerin Angelika Schlüter
Eine Geschichte tiefer Menschlichkeit
„Die Würde der Anna“ – eine szenische Lesung mit Künstlerin Angelika Schlüter
Nottuln. „Eines Tages fing ich an, nach meiner Urgroßmutter Anna zu suchen. Im Laufe der Zeit, nach vielen Reisen und intensiven Gesprächen, vor allem mit ihren Enkelinnen, formte sich für mich dieses Portrait,“ begann die Havixbecker Künstlerin Angelika Schlüter am Montagabend im vollbesetzten Ladenlokal Nottuln, wo sie auf Einladung der Friedensinitiative (FI) ihr Werk „Die Würde der Anna“ vorstellt. „Du bist so unendlich weit weg“, schreibt Angelika Schlüter in einem fiktiven Brief an ihre 1947 verstorbene Urgroßmutter Anna, der sie im wahren Leben nie begegnet ist und deren Leben sie mit einem Hörspiel nachzeichnet. Anna wurde 1867 in einem Dorf am Fuß des Altvatergebirges geboren. Heute gehört diese Gegend zur Olmützer und zur Mährisch-Schlesischen Region Tschechiens. Weit weg ist Anna aber nicht nur deshalb, weil sie im vorletzten Jahrhundert in Mähren geboren wurde, sondern auch deshalb, weil sie nicht in einen vorgegebenen Rahmen zu passen scheint. Gerade deshalb zieht das Experiment einer Annäherung an das Leben dieser Frau die Zuhörerinnen und Zuhörer in den Bann. Anna ist Teil einer dörflichen Gemeinschaft, die nur weniger Worte bedarf, weil ohnehin schon alles gesagt wurde und bekannt ist. Das Dorf lebt mit dem Wissen um die Gleichartigkeit der Verhältnisse und mit dem Vertrauen auf einen Werte- und Moralkodex, der von allen geteilt wird. Dass es ausgerechnet die ruhige und duldsame Anna ist, die mit diesem Kosmos bricht, kommt da als unabwendbares Schicksal daher. Nach dem Selbstmord ihres ersten Mannes heiratet die sechsfache Mutter einen zehn Jahre jüngeren Ehemann, mit dem sie drei weitere Kinder bekommt. 1910 entschließt sich das Paar dazu, mit den Kindern Mähren zu verlassen und ins Münsterland zu ziehen, wo Johann, Annas Mann, Arbeit in einer Weberei findet. Ganz allmählich fassen Anna, Johann und die Kinder Fuß in der neuen Heimat, knüpfen Kontakte und finden Anerkennung. Nachdem sie den Ersten Weltkrieg schon erlebte, raubt ihr der Zweite Weltkrieg die Lebensenergie und die Kraft. Ein Schicksalsschlag, denen sie sich und ihre Familie hilflos ausgeliefert sieht: „Wir können nichts machen. Wir haben auch so viel mitgemacht…“, schreibt sie in einem der drei Briefe, die von ihr überliefert sind. Am 19. Februar 1947 stirbt Anna, 14 Jahre vor ihrem Mann Johann. Sie ist auf dem Friedhof ihrer neuen Heimat bestattet. Ihre Würde behielt Anna stets. Und ihr Lebensmotto: „Es gibt immer etwas abzugeben.“ Eine Geschichte tiefer Menschlichkeit.
Das meldeten auch die Teilnehmer des Abends zurück und sie freuen sich auf den zweiten Abend mit Angelika Schlüter. Am 19.2.2024 zeigt diese um 20 Uhr im Ladenlokal ihren Dokumentarfilm „Señora Pawlowsky“. Wieder ein bewegtes Leben einer Frau, ein Leben, das nicht geradlinig verläuft.
Foto: Jürgen Hilgers-Silberberg begrüßte die Havixbecker Künstlerin Angelika Schlüter im Ladenlokal Nottuln.
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