Sowohl die riesigen Investitionen in die militärische Aufrüstung als auch die Einstimmung der Bevölkerung auf eine „Kriegstüchtigkeit“, die leicht in Hysterie ausarten kann, halten wir für unnötig, für unverantwortlich, für verfassungswidrig. Sie stehen beide deutlich dem Friedensgebot des Grundgesetzes (Artikel 26 GG) entgegen. Mit diesem normativen Gebot sind die Pläne für eine exzessive Aufrüstung der Armee und eine Kriegs-Hysterisierung der Bevölkerung nicht vereinbar. Sie gefährden die Sicherheit, der zu dienen sie vorgeben.

Aber die Aufgaben des Katastrophenschutzes erscheinen uns immer wichtiger, besonders mit den zunehmenden Gefahren der Klimakrise.
Beide Maßnahmen – Katastrophenschutz und Zivilschutz im Krieg – müssen gegenüber der Bevölkerung deutlich abgegrenzt und getrennt werden. Und die Bevölkerung muss klar und deutlich darüber informiert werden.
Eine Fragekatalog schickte die FI an die Nottulner Gemeindeverwaltung:
„Wer A(ufrüstung) sagt, muss auch
K(rieg) einkalkulieren“
Von einer „paradoxen Intervention“ zu einer umfassenden gesellschaftlichen Debatte der neuen Sicherheitspolitik
„Sicherheitspolitik muss vom Ende her gedacht werden“ (Prof. Dr. Varwick)
Im Oktober 2023 lasen die Nottulner BürgerInnen folgenden Bericht in ihrer Lokalzeitung „Westfälische Nachrichten“ (WN):
Auch Nottuln muss und sollte sich auf einen atomar geführten Krieg vorbereiten. Mit einer Bürgeranregung wendet sich nun die Friedensinitiative Nottuln (FI) an den Gemeinderat und absolviert damit eine Kehrtwende ihrer bisherigen Politik. Wenn es nach der FI geht, beschließt der Rat, dass die Verwaltung beauftragt wird, für die Gemeinde Nottuln und ihre BürgerInnen ein Notfallkonzept für den Fall einer atomaren militärischen Auseinanderansetzung auszuarbeiten und dem Rat vorzustellen. Zum Hintergrund
der Bürgeranregung weist die FI auf die momentane Verteidigungspolitik der Bundesregierung hin sowie auf die veränderte Stimmung in der deutschen Bevölkerung: Die atomare Aufrüstung schreitet ungebremst voran. Die Nato und die Bundeswehr üben wieder den Atomkrieg und bereiten sich auf diesen vor. Die Politik findet wieder mehr Zustimmung in der Bevölkerung – sicher auch in Nottuln. Die Bundeswehr habe Mitte Oktober 2023 im Rahmen des NATO-Manövers Steadfast Noon erneut geübt, wie man Atombomben an Tornado-Kampfjets anbringt und diese Bomben im Einsatzziel abwirft. Dieses Manöver findet – so die FI – jedes Jahr europaweit mit Beteiligung der USA und aller NATO-Staaten der Nuklearen Teilhabe statt. In der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung vom 14. Juni 2023 sei klar dargelegt: Wir müssen im transatlantischen Bündnis in der Lage und entschlossen sein, allen militärischen Bedrohungen entgegentreten zu können – nuklear, konventionell …

Workshop mit allen Bürgerinnen und Bürgern in Nottuln „Wie kann Frieden erhalten bleiben?“
Nottuln sei mit großer Sicherheit in den Zielkoordinaten Russlands: Nottuln liegt genau zwischen zwei potenziellen Angriffszielen. Im Osten die Garnisonsstadt Münster mit dem deutsch-niederländischen Korps, von dem aus militärische Aktionen im Osten vorbereitet, geplant und koordiniert werden. Im Westen die Stadt Dülmen mit dem neuen US-amerikanischen Waffenlager Tower Barracks. Hier lagern die Amerikaner seit zehn Jahren Waffen bis hin zu Panzern, die im Kriegsfall schnell Richtung Ostfront gebracht werden sollen. Gerade auch Nottuln müsse einen Atomschlag einkalkulieren und sich darauf vorbereiten. Vielfältige Ideen schlägt die FI dazu vor: Diese reichen von der Wiederinbetriebnahme des Atombunkers unter der ehemaligen Hauptschule Nottuln (jetzt Steverschule) über das Suchen weiterer geeigneter Schutzräume für die Bürgerinnen und Bürger für den Fall einer atomaren Auseinandersetzung bis hin zu konkreten Übungen im Krankenhaus, bei der Feuerwehr und auch für die Bevölkerung. Darüber hinaus schlägt die FI vor, dass die Gemeinde sich nicht weiter für die Abschaffung aller Atomwaffen engagiert. Der Bürgermeister solle das Städtebündnis „Bürgermeister für den Frieden“ verlassen. Auch das seit 40 Jahren stattfindende Hiroshima-Gedenken soll nicht mehr durchgeführt. Die FI: All diese Maßnahmen haben keinen Erfolg gehabt. Im Gegenteil: Die atomare Aufrüstung und die atomare Bedrohung haben zugenommen. Und der Anteil der deutschen Bevölkerung, der dieser Politik zustimmt, wächst. Sicher auch in Nottuln. Hinzu komme, dass diese Aktionen kaum Resonanz in der Nottulner Bevölkerung gefunden hätten. Die FI: Der Sinn dieser Aktionen ist nicht vermittelbar gewesen.
Der Antrag löste vielfältige Reaktionen aus – vom ungläubigen Kopfschütteln bis hin zur euphorischen Zustimmung. Und eine Flut von Leserbriefen wurden in den WN veröffentlicht, die grundsätzlich die Sicherheitspolitik der Bundesregierung und des Westens kontrovers diskutierten. Der Antrag wurde schließlich im Gemeinderat beraten. Die Verwaltung empfahl: Der Antrag wird wegen „Nichtzuständigkeit“ abgelehnt. Zivilschutzpläne seien Aufgabe des Landes, nicht der Kommunalpolitik.
Dennoch wurde der Antrag von den Kommunalpolitikern wohlwollend aufgenommen. Beschlossen wurde, eine Bürgerversammlung – mit dem Bürgermeister an der Spitze – einzuberufen, um über Sicherheitspolitik und deren Folgen – auch für Nottuln – zu beraten.
Die bereitete die FI gut vor. Letztlich mit der Strategie: Sicherheitspolitik vom Ende her denken. Das heißt: Was passiert, wenn militärisch verteidigt wird, wenn wir dafür kriegstüchtig sind, wenn es Krieg in Deutschland und Europa gibt. Ein Blick in die Ukraine zeigt, auf was wir uns dann einstellen müssen. Ist das eine Verteidigung, die wir wollen? Wie werden die Menschen in Nottuln und anderswo geschützt? Wer will das? Letztlich geht es um die Frage: Wie wollen wir in Zukunft leben?
Nicht alles läuft immer glatt. Das musste die FI auch bei dieser Aktion erfahren. Die Bürgerversammlung bog erst einmal vom Pfad ab. Dargestellt wurde in einem Workshop, zu dem alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen waren, was Nottuln alles an Friedensarbeit in ihrer Gemeinde leistet und was noch zu tun wäre. Beschlossen wurde auch, kurz vor den EU-Wahlen gemeinsam ein großes „Fest für Frieden und Demokratie“ zu feiern. Beide Veranstaltungen waren gut besucht – über alle Partei- und Politikgrenzen hinweg.
Die Intention, eine große Debatte – erst schon mal in Nottuln – über Kriegstüchtigkeit und Friedensfertigkeit anzustoßen, gibt die FI nicht auf. Ein nächster Antrag ist formuliert.
Die FI Nottuln möchte in diesem wissen, wie Nottuln auf die „Kriegstüchtigkeit“ vorbereitet ist. Maßnahmen des Zivilschutzes – auch in Nottuln – liegen in der Kompetenz des Landes. Das entlässt die Verwaltung in Nottuln jedoch nicht aus ihrer Verantwortung, die Entwicklungen, die die Menschen in Nottuln unmittelbar betreffen werden, zu verfolgen. Welche Kenntnisse liegen der Gemeindeverwaltung diesbezüglich vor? Was kann die Verwaltung – wenn sie denn will – in Erfahrung bringen? Als mündige Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Nottuln wollen wir darüber informiert sein. Und diskutieren!