„Eine positive Erinnerungskultur“
Liederabend der FI im kath. Pfarrheim (((Aussschnitte aus dem Programm siehe unten)))
„Die Auslöschung war das Ziel der Vernichtungslager. Zu den verzweifelten Versuchen, sich das Mensch-Sein nicht nehmen zu lassen, gehörte das Musikmachen. Ja, in den Lagern und Ghettos wurde auch gesungen und musiziert.“ Mit diesen Worten eröffnete JĂĽrgen Hilgers-Silberberg von der Friedensinitiative Nottuln (FI) einen beeindruckenden Liederabend im Rahmen der Nottulner Novembertage. Rund 30 BĂĽrgerinnen und BĂĽrger fanden sich am Mittwochabend im Katholischen Pfarrheim ein, um „Lieder der Verfolgten“ zu hören. Jonas Hölting und Tassilo Rinecker, zwei junge Musiker aus MĂĽnster und Köln, trugen Lieder von Holocaust-Opfern und Ăśberlebenden vor. Grundlage ihres Programms war das Buch „Träumen von Freiheit“, dass die Vortragenden selbst herausgebracht haben. Gleich zu Beginn des Buches liest man einen Satz, der einem den Atem stocken lässt: „Bisweilen wurde bis in die Gaskammern von Auschwitz-Birkenau gesungen“. Fatal und fatal falsch wäre es jedoch anzunehmen, das Leben in den Lagern und Ghettos sei deshalb wohl nicht so schlimm gewesen: „Am Ende verstummten alle Lieder. Die Menschen starben einen grauenvollen Tod, ohne – wunderbar von guten Mächten geborgen zu sein.“  Jonas Hölting brachte das Ziel des Programmes auf den Punkt: „Sich mit Interesse statt mit Scham und Schuld der Vergangenheit nähern. Uns geht es um drei Sachen: Musik, Erzählungen und Erinnerungen.“ Bei den „Lagerliedern“, die Jonas Hölting und Tassilo Rinecker mit Gesang, Gitarren, Percussion und einer Violine auf die BĂĽhne brachten, handelte es sich um zwei Arten von StĂĽcken: solche, die in KonzenÂtrationslagern komponiert worden waren, und solche, die zwar auĂźerhalb der Lager entstanden waren, aber von den Gefangenen gesungen und gespielt wurden. Den Beginn machte das 1933 verfasste Lied „Moorsoldaten“, das zu den bekanntesten Lagerliedern zählt. Das humoristische Lied „Naja“ zeigte eine andere Seite der Häftlingsmusik. Es handelt von einem im Konzentrationslager gefangenen Clown, dem nichts so gelingt, wie er es möchte. „Humor war damals auch eine Bewältigungsmethode“, erzählte Jonas Hölting. Nicht alle Häftlinge fanden jedoch Trost in der Musik. Viele empfanden besonders humorvolle Lieder als grausame Ironie oder Romantisierung der Verhältnisse. Mit viel FeingefĂĽhl und professioneller Musikalität trugen die Musiker weitere Lieder vor, spielten Lieder von Juden, Sinti und Roma, Jugendbewegungen, politisch Verfolgten, Zeugen Jehovas sowie in Konzentrationslagern entstandene Lieder und erzählten die Geschichten der Lieder und ihrer Komponisten und gedachten so der Opfer des Nationalsozialismus, setzten ein Zeichen fĂĽr eine positive Erinnerungskultur. Getragen von der jĂĽngeren Generation. Dass gerade dies wichtig und erfreulich sei, darauf hatte JĂĽrgen Hilgers-Silberberg in der BegrĂĽĂźung schon hingewiesen. Einen Tag vorher hätten SchĂĽlerinnen und SchĂĽler der Liebfrauen-Schule die Gedenkviertelstunde aus Anlass der Pogromnacht 1938 organisiert und durchgefĂĽhrt. Hilgers-Silberberg: „Ein Zeichen, das uns Hoffnung machen darf!“
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Foto: Jonas Höltig und Tassilo Rinecker erzählten die Geschichten der Lieder und ihrer Komponisten und sprachen über die Rolle der Musik für die Verfolgten.
Ausschnitte aus dem Programm